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Jacqueline Diffring Collection

Seit 2022 ist die Jacqueline Diffring Collection am Mittelrhein-Museum ansässig. Sie ist aus der Jacqueline Diffring Foundation hervorgegangen, die 2007 in Berlin zur Erforschung und Vermittlung des Oeuvres der deutsch-britischen Bildhauerin gegründet wurde. Zu den neu erworbenen Beständen gehört der gesamte künstlerische und persönlich-dokumentarische Nachlass.

Zu Jacqueline Diffring

Jacqueline Diffring wurde 1920 als Ilse Pollack in Koblenz geboren. Sie wuchs in großbürgerlichen Verhältnissen heran und genoss eine umfangreiche kulturelle Bildung. Aufgrund der jüdischen Herkunft ihres Vaters sah sich die Familie ab 1933 verstärkt antisemitischer Ausgrenzung und Verfolgung ausgesetzt: 1937 zog Diffring mit ihrem Bruder Anton und der Schwester Ruth ins anonymere, großstädtische Berlin, wo sie ein künstlerisches Grundlagenstudium an der renommierten Reimann-Schule begann.

Die weitere Zuspitzung der politischen Verhältnisse in Deutschland erzwangen 1939 die Emigration nach England. Wegen der dort anfänglich prekären Lebensumstände konnte sie erst von 1944 bis 1946 ihre Ausbildung am Cambridge Technical College in Cambridge fortführen. Anschließend absolvierte sie von 1946 bis 1948 das Studium der Freien Kunst und Bildhauerei an der Chelsea School of Art in London.

Nachhaltigen Einfluss hatte die Begegnung mit Henry Moore (1898-1986), der ihr wichtigster Lehrer wurde. Nach dem Erwerb eines kunstpädagogischen Diploms 1949 an der London University in London war sie von 1950 bis 1953 als Kunsterzieherin an einer Privatschule in Wisbech (Cambridgeshire) tätig.

Ihr Plan, als freie Bildhauerin in England zu leben und zu arbeiten zerbrach, auf Wunsch der Eltern kehrte sie 1954 nach Koblenz zurück. Der Versuch, sich im Nachkriegsdeutschland neu zu beheimaten, schlug fehl: Die als belastend empfundene psychosoziale Situation ließ Diffring künstlerisch verstummen. Um diesem Zustand entgegenzuwirken, zog sie 1960 nach Frankreich. Den Ort ihrer persönlichen Rekonvaleszenz fand sie bis 1976 im Anjou / Loire, von 1977 bis 2020 lebte und arbeitete sie in Châteauneuf-de-Grasse, nahe Cannes und Nizza. Erst dort schuf sich Diffring Bedingungen, die ihr eine selbstbestimmte, freie Existenz als Bildhauerin erlaubten.

Ihr umfangreiches Oeuvre ist geprägt von der Verknüpfung biographischer Bedingtheit und künstlerischer Entwicklung. Über die Jahrzehnte ihres Schaffens schlug Jacqueline Diffring in ihren bildhauerischen Positionen die formalästhetische Brücke von der Klassischen Moderne hin zur zeitgenössischen Skulptur. Ihr Anliegen ist nicht die Variation von Formen, sondern das Einkreisen immer gültiger Themen.

Ein Arbeitsraum. Denkraum. Lager.

Châteauneuf de Grasse –Koblenz

Im Schaufenster des Mittelrhein-Museums war von 2019 bis 2025 das Atelier von Jacqueline Diffring rekonstruiert. Die Kuratoren Joachim Becker und Marlene Mohn hatten den Versuch unternommen, die authentische Situation in Südfrankreich empfindsam zu übertragen und sie in die räumlichen Bedingtheiten des „Schaufensters“ einzufügen. Die Intimität des Ortes, an dem sich der künstlerische Prozess entwickelt, sollte spürbar sein und ebenso einen Einblick ermöglichen in das Entstehen einer bildhauerischen Arbeit, bis zur Vollendung in Bronze.

Jacqueline Diffring entwickelt ihre Skulpturen aus der amorphen Masse Erde, die ihr jegliche Freiheit lässt, ihren Ideen und Themen – die hier exemplarisch auf Tafeln im Raum schweben – eine Form zu geben. 92 Skulpturen, Gips- und Tonmodelle, Bronzen, aus verschiedenen Schaffensphasen standen hier beispielhaft für ein Lebenswerk. Sie waren Zeugnisse von Erlebtem, von individuellen und kollektiven Erfahrungen. Zeitlose Ikonen, die vielfältige Betrachtungsebenen eröffneten.

Die fragile Installation war öffentlich nicht begehbar, aber durch Fensterfronten großzügig für jedermann und jederzeit frei einsehbar. Jedes Detail, unterschiedlichste Werkzeuge, Arbeitsmaterialien, auch Mal-Utensilien, persönliche Gegenstände und Mobiliar, von der „Unvollendeten“ auf der Drehscheibe bis hin zum Champagnerglas, von privaten Accessoires bis zu bezugreichen Kunstbüchern, alles war original und animierte den Betrachter, sich forschend zu nähern, einzudringen in ein Universum, in eine „Wunderkammer“, in ein „3-D Bild“, aus dem sich die Künstlerin mal eben entfernt hat …

Ein Atelier mit zahlreichen Skulpturen von Jacqueline Diffring. Die Werke in verschiedenen Materialien und Größen stehen auf weißen Sockeln oder sind auf Regalen im Hintergrund angeordnet. Der Raum wirkt hell und modern, mit einer Mischung aus fertigen Arbeiten und Arbeitsmaterialien.

Seit 2022 ist die Jacqueline Diffring Collection in Obhut der Stadt Koblenz und am Mittelrhein-Museum ansässig. Sie ist aus der Jacqueline Diffring Foundation hervorgegangen, die 2007 in Berlin zur Pflege des Werkes der deutsch-britischen Bildhauerin Jacqueline Diffring (1920-2020) gegründet wurde. Des Weiteren wird dem Wunsch der Künstlerin entsprochen, den bildhauerischen Nachwuchs zu fördern. Im zweijährlichen Turnus wird eine vielversprechende junge künstlerische Position mit dem Diffring Preis für Skulptur ausgezeichnet. Damit verbunden sind ein Preisgeld von 5.000,-  € sowie eine Kabinettausstellung im Mittelrhein-Museum.

Preisträgerin 2025 Luisa Heinz

Jacqueline Diffring Collection l Mittelrhein-Museum
Zentralplatz 1
56068 Koblenz
Tel.: 0261 129 2502
E-Mail: mittelrhein-museum@stadt.koblenz.de

Ansprechpartner:
Dr. Matthias von der Bank l Vorsitzender des Verwaltungsrats
Antje Kraus M.A. l Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Jacqueline Diffring Selbstportrait
Jacqueline Diffring / 1920 — 2020 / Selbstporträt mit Buch / 1955
Diffring Jacqueline Couple 1980
Jacqueline Diffring / 1920 — 2020 / Couple / 1980